Weihnachtspackerl. Weihnachtserinnerungen aus Kärnten.

Eine kurze Geschichte über mein Weihnachten in Kärnten

Ich bin Simone und ihr habt mich vielleicht schon einmal in der DeutschAkademie gesehen, wo ich  seit ein paar Jahren arbeite. Heute möchte ich euch über Weihnachten bei mir zu Hause erzählen. Viel Freude beim Lesen.

Auf dem Berg

Ich lebe jetzt schon länger als zehn Jahre in Wien und möchte diese wunderschöne Stadt in der Weihnachtszeit sicher nicht missen. Die Straßen sind weihnachtlich dekoriert, überall der Duft von Lebkuchen. Kinder, die den Vater oder die Mutter fragen, woher das Christkind kommt, zaubern immer ein Lächeln auf mein Gesicht. Am 24. Dezember kommt das Christkind zu uns und nicht der Weihnachtsmann – das ist mal klar. Wenn es schneit und ich von der DeutschAkademie die Kärntnerstraße entlang flaniere, kommen Erinnerungen an meine Heimat und unsere Bräuche auf. Meine Kindheit verbrachte ich in Kärnten mit meinen Eltern und meiner älteren Schwester, die mir das Eislaufen auf einem kleinen See in der Nähe unseres Hauses beibrachte.

Beim Adventskalender öffnenAm 1. Dezember war es Brauch, dass ich von meiner Großmutter einen Adventskalender geschenkt bekam. Es war meistens einer mit Bildern. Jeden Tag in der Früh, bevor ich in den Kindergarten ging, hüpfte ich aus dem Bett um sofort das nächste Kästchen des Adventkalenders zu öffnen. Meine Mutter machte mir einen guten Weihnachtstee und ein Honigbrot und dann erzählte sie mir immer eine Geschichte passend zum Bild im Kalender. Diese Zeit war für mich immer sehr spannend, weil es meine kindliche Phantasie anregte. Am 2. Dezember haben meine Mutter, meine Großmutter und noch andere Frauen vom Dorf mit dem Adventkranz binden begonnen. Die 1. Kerze wurde am 1. Adventsonntag mit der Familie angezündet. Am 4. Dezember folgte dann die Heilige Barbara. Barbarazweige von einem Apfel- oder Kirschbaum werden in Wasser eingefrischt. Dieser Brauch soll Gesundheit, Glück und Freude für die Familie im kommenden Jahr bringen oder auch eine kommende Hochzeit ankündigen. Der 5. Dezember war für mich immer der gefürchtetste Tag im Dezember. An diesem Tag kommt der Krampus, der die unartigen Kinder bestraft.

Der Name leitet sich von mittelhochdeutsch Krampen „Kralle“ oder bayrisch Krampn „etwas Lebloses, Vertrocknetes, Verblühtes oder Verdorrtes“ [1] ab. Am 6. Dezember kommt der Heilige Nikolaus. Auf diesen Tag habe ich mich immer sehr gefreut, weil da gab es ein Nikolaussackerl [2] von meiner Mama, das irgendwo im Haus versteckt wurde. Im Sackerl waren nicht nur Süßigkeiten, sondern auch Obst und Nüsse.

Die Rauhnächte erstrecken sich vom 21.Dezember bis 6. Jänner. An diesen Tagen ging ich mit meinem Großvater immer abends mit Weihrauch ums Haus. Bei diesem Brauch sollen die bösen Geister vom Haus ferngehalten werden. Es war immer eine große Freude für mich, mit meinem Großvater gemeinsam Zeit zu verbringen, weil er mir immer Geschichten von damals, als er ein kleiner Junge war, erzählt hat. 1930 gab es immer sehr viel Schnee und sie mussten immer zwei Stunden zu Fuß in die Schule marschieren – das kann ich mir heute gar nicht mehr vorstellen. Ich steige vor meiner Haustüre in die U-Bahn ein und beim Karlsplatz aus.

Auch diese Jahr fahre ich wieder am 22. Dezember zu meiner Familie nach Kärnten, um diese Bräuche zu feiern. Am 24. Dezember ist alles sehr besinnlich und ruhig bei uns. Es gibt keinen Stress. Wir trinken Glühmost und essen Kekse und am Abend gibt es immer etwas Leckeres zu essen. Am 26. Dezember ist es Brauch für meinen Vater und mich, dass wir gemeinsam Schi fahren gehen. Mit  3 ½ Jahren stand ich das erste Mal auf meinen kleinen, roten Skiern, die ich auch zu Weihnachten geschenkt bekam, und seit damals fahren wir jedes Jahr am Stefanitag zum Skifahren auf einen Kärntner Berg.

Am 28. Dezember ist der Tag der unschuldigen Kinder, zum Gedenken an die ermordeten Kinder unter König Herodes.[3] Dieses Jahr veranstalten Freunde und ich am 28. Dezember eine „St. Lumière Party“. Am 28. Dezember 1895 fand in Paris die erste öffentliche Filmvorführung der Welt statt. Wenn das kein Anlass für einen Feiertag ist!

[2] Sackerl: österreichisch für Tüte.